Zur Ausstellung „Wasser & Öl“
Angelika Fitz und Michael Wörgötter

„Für mich ist die Technik des Aquarells ein extrem spannender „Ausgleich“ zur Ölmalerei. Sie fordert eine völlig andere Art der Konzentration auf das „Jetzt“, auf die Unwiederbringlichkeit einzelner Momente. Wenn mir diese Konzentration gelingt, bin ich zugleich in einem Zustand höchster Wachsamkeit und Ruhe. Ich sehe darin eine gewisse Verwandtschaft zur japanischen oder chinesischen Kaligraphie. Parallel zur Bildproduktion empfinde ich diese Arbeiten als eine Art „Schreiben“ über Kunst – ein „Schreiben“ in den nicht nur technisch gesehen sehr, sehr unterschiedlichen Medien Aquarell und Öl.“ (Franziska Maderthaner)

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Franziska Maderthaner beherrscht die zwei Medien Aquarell und Ölmalerei gleichermaßen souverän. In ihrer aktuellen Ausstellung „Wasser & Öl“ werden diese höchst differenten Techniken sprichwörtlich selbst zum Thema. Ihre neuen Arbeiten oszillieren zwischen weltpolitischen Bedeutungstiefen von Wasser und Öl als elementare Ressourcen, und den medialen Oberflächen, in denen sie Wasser und Öl verhandelt. Sie zeigt Verhüllung als Verhüllung, Aktion als Aktion, Medium als Medium indem sie die Zusammenhänge von Form und Inhalt oder von Überbau und Basis immer wieder neu auf die Bühnen medialer Oberflächen legt. Diese Betonung der Oberflächen, und die damit verbundene Lenkung der Aufmerksamkeit auf unterschiedliche Medialitäten bewirkt Verschiebungen und Brüche zwischen eingeübten Verhältnissen von Wahrnehmung und Zeit.

Massenmediale Bilder erscheinen als Aquarell. Bevor das Aquarell als „Hausfrauenmedium“ in Verruf kam, war es als schnelles Skizzenmedium ein klassisches Reiseberichtsformat, bis es von der Fotografie in dieser Funktion abgelöst wurde. Maderthaner zitiert im Aquarell massenmediale Reisebilder, von Kriegsschauplätzen bis zum Museum als touristischem Event, wobei das Aquarell als Dokumentationsinstrument im Gegensatz zur Fotografie nicht mimetisch funktioniert, sondern immer schon ein tendenziell abstrahierendes und damit ein stärker auf sich selbst verweisendes Medium ist. In einem weiteren Schritt wird die Momentaufnahme des Aquarells in „Scheinaquarelle“ in Öl übergeführt. Die ausdehnbaren Zeit- und Materialschichten der Ölmalerei erlauben Korrekturen und Löschungen als Überschreibungen, ähnlich digitaler Bildbearbeitung, die Löschung als Überschreibung prozessiert.

Durch ihr klares Bekenntnis zu Visualität und technischer Brillanz zeigt Franziska Maderthaner in ihren Arbeiten Sujets als ersetzbar. Sie geht dieser Austauschbarkeit nach, indem sie morphologischen Ähnlichkeiten nachspürt: Mit Planen oder allerlei Decken verhüllte Autos in Kroatien stellt sie neben Frauen in Burkas im arabischen öffentlichen Raum oder Frauen, die sich in Kunstausstellungen gerade ihre Pullover ausziehen. Das Nebeneinander von Planen, Burkas und Pullovern thematisiert Verhüllung als Phänomen und Maskerade. Diese Bilder stellen die Maske als Maske aus. Sie fragen nicht nach eventuellen Geheimnissen dahinter, sondern zeigen die Maske als Erscheinungsform und Medium. Ihr Inhalt bleibt der Akt des Verhüllens der durch das Unsichtbarmachen Aufmerksamkeiten generiert und Sichtbarkeit lenkt.

In einem weiteren Teil der Ausstellung porträtiert sich die Künstlerin exemplarisch selbst in Posen und Verkleidungen von Egon Schiele Modellen und überlässt diese Zitate kunsthistorisch höchst aufgeladener Bilder ihrem Sohn zur Überarbeitung. Das Selbstportrait als Topos von Bekenntnis und bildhafter Authentizität wird hier mehrfach überschrieben und, obwohl in diesen Selbstportraits jeglicher Anspruch einen wie immer gearteten „inneren Kern“ darzustellen offensichtlich fehlt, zeigt sich dennoch, dass hier etwas sehr Eigentliches getroffen ist. Die Konzentration auf ein „Spiel“ mit Formalisierungen, in diesem Fall Formalisierungen des Selbst, bedeutet eben nicht nur Distanz und Entfremdung, sondern auch Befreiung und Überschreitung.

Man könnte bei all dem leicht eine als gemeinhin amoralisch geltende Austauschbarkeit potentieller Inhalte beklagen und reklamieren, dass das alles in Wirklichkeit nichts miteinander zu tun hätte. Strategien der Aufführung des Ähnlichen, morphologische und mediale, vervielfachen sich in der Serie „Wasser & Öl“. Wenn Maderthaner zweimal dasselbe macht – einmal in Aquarell und einmal in Öl ist es eben nicht mehr ident, sondern wird zu etwas Ähnlichem. Das wiederum „ähnelt“ dem Effekt, wenn wir zum Beispiel ein Attentat im Medium Fernsehen sehen und das Attentat dadurch kein singuläres Ereignis mehr ist, sondern immer schon Ähnlichkeiten mit anderen Fernsehberichten evoziert. Das Medium bleibt stärker. Franziska Maderthaners neuen Arbeiten sind somit auch und nicht zuletzt eine Kritik klassischer Ideologiekritik. Bilder die es wirklich wert sind, genau beschaut zu werden.