REALITY CHECK
Positionen Gegenständlicher Kunst
Die Darstellung der sichtbaren Welt durch Farbe ist seit über zweihundert Jahren die Geschichte einer permanenten Hinterfragung der Welt und dessen was wir als Wirklichkeit begreifen. Die Theorie der Rennaissance, dass das Grundprinzip der Malerei die Mimesis (Nachahmung) sei, wurde durch die Entwicklung der Fotografie zu Beginn des 19.Jahrhunderts radikal in Frage gestellt. Die Fotografie in ihrer „objektiven“ Wahrheit, war reproduzierbar und billig und verringerte die Produktpalette der Malerei. Doch trotz der seit 1839 ausgegebenen Parole: „Die Malerei ist tot“, wurde und wird die Malerei stets weiter entwickelt. Parallel dazu emanzipierte sich auch die Avantgarde der Fotografie von den Zwängen rein sachlich verstandener Bildwiedergabe und altehrwürdiger Bildinszenierungen in der Tradition des „Tafelbildes“.

Literatur und Musik, Malerei und Fotografie bis hin zu Theater und Film erarbeiten stets weiter Sicht- und Erlebnisweisen, die das was als Realität gilt in Frage stellen.

Aber genau dieser Anspruch an die Kunst, nämlich die Realität in Frage zu stellen und Gegenwirklichkeiten zu erschaffen und zu zeigen gilt als theoretisches Zentralproblem „Realistischer Kunst“. Hinzu kommt die historische Tatsache der ideologischen Funktionalisierung des Realismusbegriffes in konservativen Kreisen und radikalisiert im nationalsozialistischen Faschismus und im sozialistischen Realismus stalinistischer Prägung. Auf Grund dieser Zusammenhänge ist es bedeutsam zwischen „Realismus“ und „gegenständlicher Kunst“ zu unterscheiden.
(Der Begriff „realistische Kunst“ ist nicht nur ein ideologischer Begriff sondern genau genommen ein Widerspruch in sich selbst, da bereits jede Abbildung von etwas Realem dieses „Reale“ in ein anderes Medium transferiert
und somit eine Abstraktion vollzieht.)

Massenmedien, Schnappschüsse, Plakate, Bildbände, Dokumentationen und Werbung prägten zunehmend den visuellen Alltag und veränderten die moderne Erfahrungswelt in deren Zweidimensionalität. Seit den Anfängen der Pop Art stellt sich das Feld der Gegenständlichen Kunst in unterschiedlichsten Formen dieser Konkurrenz der „profanen Bildproduktion“.

Die ausgewählten Künstler und Künstlerinnen dieser Schau wissen um diese Entwicklung, produzieren Bilder vor dem Hintergrund dieser historischen Erkenntnis und in dem Bewusstsein, dass die Geschichte der gegenständlichen Darstellung als fortschreitender Wahrnehmungs- und Kontextualisierungsprozess zu sehen ist. Ob und wie sie ihre Arbeiten nun mit der Hand, der Kamera, mit visuellen Fundstücken der heutigen Medienwelt oder digitalisierten Bildern via Computer umsetzen bleibt trotz „objektivierbarer Bildinhalte“ in jedem Fall eine individuelle Entscheidung und führt zu unterschiedlichsten Resultaten. Man kann sich der sinnlichen Präsenz dieser Werke schwer entziehen.